Page 205 - Conflitti Militari e Popolazioni Civili - Tomo I
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          Das Verteidigungssystem gegen die Osmanen und die
          Militarisierung der Gesellschaft des Königreichs ungarn
          1550-1650.

          ISTVáN CzIGáNY




             In der Verlangsamung der osmanischen Expansion spielte dasjenige Verteidigungssystem
          eine Schlüsselrolle, das in den von König Ferdinand I. beherrschten Gebieten Ungarns mit
          der finanziellen und militärischen Unterstützung der Habsburger-Erbländer und der Fürsten-
          tümer des Deutsch-Römischen Reiches errichtet wurde. Bis zu den Siebziger Jahren des 16.
          Jahrhunderts wurde vom Adriatischen Meer bis zum Fürstentum Siebenbürgen ein Verteidi-
          gungssystem erbaut, das etwa 1000 Kilometer lang, 50-100 Kilometer breit, auch in seiner
          Tiefe gegliedert war und dem Niveau der damaligen Zeit entsprach. Da dieses Burgsystem in
          Ungarn in die Hauptrichtung des Vorstoßes der Osmanen fiel, war es ein besonders wichtiger
          Teil derjenigen Schutzzone, die Europa durchquerend von Nordafrika über die Festungssy-
          steme am westlichen Ufer Spaniens und am südlichen Ufer Italiens, sowie über die Festun-
          gen am dalmatischen und griechischen Ufer und auf den Inseln von Venedig bis hin zu den
          Burgen von Podolien reichte.
             In meinem Vortrag möchte ich kurz über die Wirkungen sprechen, die dieses Verteidi-
          gungssystem gegen die Osmanen auf die Gesellschaft im königlichen Ungarn ausübte.
             Zwar haben die Habsburger Ungarn über seine ständischen Institutionen regiert (Palatin,
          ungarischer Rat, Kammer), aber sie bauten schrittweise auch die zentralen Institutionen sei-
          ner finanziellen und militärischen Leitung, die Hofkammer und den Hofkriegsrat, aus. Als
          Folge entstand auf dem Gebiet der Politik, der Finanzen und des Militärwesens ein zweifa-
          ches Verwaltungssystem.
             Dieses zweifache Leitungssystem charakterisierte auch die Leitung des Verteidigungssy-
          stems gegen die Osmanen. Die dem Hofkriegsrat untergeordneten Grenzobristen hatten das
          Kommando über die königlichen Festungen und Wachen. Auf ungefähr demselben Gebiet
          wie die Grenzobristen waren die Kreisobristen tätig, die für Militärangelegenheiten im Zu-
          sammenhang mit den unter adeliger Leitung stehenden Komitaten, beziehungsweise für die
          Truppen des ständischen Heeres verantwortlich waren. Diese letzteren Posten durften nur
          von den ungarischen Hochadeligen besetzt werden. 1
             Das Verteidigungssystem gegen die Osmanen bestand in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
          hunderts aus der Verkettung von etwa 100-120, im 17. Jahrhundert aus 90 kleineren oder
          größeren Burgen, dem dichten Netz von Planken und Wachttürmen. An den strategischen
          Punkten des Grenzgebietes, in erster Linie entlang der türkischen Aufmarschrouten, wurden
          zeitgemäße Festungen errichtet. Der Großteil dieser wurde zu Festungsstädten oder befestig-
          ten Städten (Érsekújvár /Neuhäusel/, Gyčr /Raab/, Kassa /Kaschau/, Szatmár /Sathmar/ und


          1   Pálffy Géza: A török elleni védelmi rendszer szervezetének története a kezdetektčl a 18. század elejéig. [Die
              Geschichte der Organisation des Sutzsystems gegen die Türken von den Anfängen bis zum Beginn des 18.
              Jahrhunderts] = Történelmi Szemle, 1996. 2–3. 192-203.
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