Page 366 - 1992 - XVIII Congresso Internazionale di Storia Militare
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liebsren fUhne, gar nichc mehr zum Tragen kommen und umerlaufen wiirde. Diese
Verengung des militiirischen Fi:ihrungsdenkens auf das, was zur Fuhrung von Scblach·
cen und Feldziigen nocig war, ging zu Las~en des gesamrstrategischen Denkens, ci-
ne Uicke nn der Spine der deucschen pollrischen und milicacischeu Flihrung, die
der fast vollig inakrivc Reichsverreidigungsrar nichc fiillre und ebenfalls nicht das
O.K.W. <Hl.
Hinzu kam die Militarisierung der deutschen Gesellschaft seir dem spiicen 19.
Jahrhunden, die zwischeo dem Offizier und dem Ziviliscen eine Klufc seme, wo·
bei ersterer ein weit hoheres soziales Ansehcn genoB als lerzterer. Militarisierung
nennr mandas Verwalten mitidirischen Denkens und Gehorsams in Scaat und Ge-
sellschafr wie un d auch in der hoheren milicarischen Fiihrung, wo es als Verengung
zu be-Leichnen isr. So wurde also die Kriegftihrung von den "milirarisienen" Mili-
tiirs und Politikern hiiufìg als miJitiirisches Problem angesehen, dem aJles umerzu-
ordnen war. Ziviliscen hatten dabei nur in ILDtergeordnetet Posicion - wenn
iiberhaupr - mirzuwirken. Angesichts der vor allem cakriscb-operativ ausgebilde-
ten Offìziere wird es kla.r, da~ auch von hier aus gegoerische Politik und Kriegspo·
rendale nicht richcig eingescbiinr we.rden konncen. Als man sich z~Lm Beispiel bei
der sehr schwierigen Zielauswahl im strategischen Bombenkrieg des Zweicen Welr-
krieges erwa ab 1943 der hierfiir besonders geeignecen zivilen Spezialisren des Rii·
scungsminisceriums enrsann - 1940/41 bei der Lufroffensive gegen England cat
man dies noch nicbc im besonderen MaBe -, da war es schon zu spar. In den
englischen und amerikaniscben Demokracien gab es eine derart:ige Kluft zwisc.hen
Zivil und Militar nicbr. Zivilisren sa Ben in !Ur die Gesamckriegfiihrung wichcigen
Gremien, auch "commltrees" genanm., wurden von Anfang an zur Beuneilung geg·
nerischer Porenciale oder erwa in den Operacions Research·Abreilungen zur wis·
senschaftlichen Analyse der wirrschaftlichsren und t;~kcisch besren Form der
ÙP.erarionsfUhrung herangezogen oder sogar ohne militiirische Ausbildung als Q(.
fiziere mie Kommandogewalr in ihren zivilen Tacigkeiten encsprechenden Berei-
chen - Spedireuce im Nachschub - eingesetzt, und oaciirlich besonders im
Feindnachrichcendienst. Angesicbcs de.r Tecbnisierung, Verwircschafttichung und
Globalìsierung des Krieges erwies sich der kooperacive Fiihrungsstil als de m auco-
ritaren deurschen uberlegen <Hl,
Vcrengt im Vergleich zu den .global denkenden und handelnden incerkonci-
nenralen Seemad1ten nahm sich auch das kontinenrale Denken der militiirischcn
und policischeo Fiihrer Deurscblands aus. Als Konunental Europaern fehlre ihnen
das globale Vorscellungsvermogen.
Zu 3. Schlie~lich gab es psychologisch-ideologische Grunde fùr das dèutsche
Versagen bei der richdgen Einschatzung der Vereinigr:en Scaaren. Zuvordersc stand
ein nacionales Ùberlegenheirsgefiihl, das sich aus den Einigungskriegen des l9.Jab.r·
hunderrs u.nd aus dem Erlebnis dcs Erscen Weltkricges niihr:te, in dem man jahre-
lang militiirisch einer Welc von Feinde.n widersranden harre - "im Felde unbesiegt"
hjeB es i_n Verkennung der Tarsache, da~ der moderne K.rieg auch eine Auseinan·
de.rseczung zwischen den Wirrschaftspotentialen isc.